| Veranstaltung: | SPT2022-2 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 4. Inhaltliche Anträge I |
| Status: | Beschluss (Dinglichkeitsantrag) |
| Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
| Beschlossen am: | 19.11.2022 |
| Angelegt: | 17.11.2022, 12:49 |
DRINGLICHKEITSANTRAG: Frauen – Leben – Freiheit: Solidarität mit dem Iranischen Volk und der Revolution im Iran
Beschlusstext
Antragsteller* innen:
Julia Günther, Dietrich Herrmann, Andrea Mühle, Kassem Taher Saleh, Elke
Zimmermann
Nicht erst seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini im September diesen
Jahres gehen im Iran Menschen auf die Straßen, um gegen die systematischen
Verletzungen von Menschen- und Bürgerrechten, die Diskriminierung und
Unterdrückung von Frauen, religiösen und ethnischen Minderheiten und der LGBTQI+
-Community durch das autoritäre System der Islamischen Republik zu
demonstrieren. Seit über 40 Jahren gibt es diese Proteste, Demonstrationen,
Widerstand. Das Mullah-Regime begegnet seit all den Jahren dem Wunsch nach
Selbstbestimmung, Freiheit und Demokratie mit Repression und brutaler Gewalt.
Die Regierung der islamischen Republik inhaftiert, foltert und tötet. Aber der
Tod von Jina Mahsa Amini, erst 22 Jahre jung, entfachte eine Protestwelle, die
sich von allen bisherigen Bewegungen unterscheidet. Es ist eine Revolution -
angeführt von Frauen, Mädchen, Jugendlichen, ist sie inzwischen religions-,
generations- und Ethnien übergreifend. Es ist ein Schrei der Vielen, der alle
sozialen Schichten erfasst. In bisher nie dagewesener Breite begehrt die
iranische Gesellschaft gegen das System der Islamischen Republik auf, zeigt sich
eine überwältigende landesweite Solidarität. Die jahrzehntelange vielfache
Diskriminierung und Verfolgung ethnischer und religiöser Minderheiten wie der
Kurd*innen, Belutsch*innen, Azeri, Bahai, Sunnit*innen oder Sufi vereint sie nun
in ihrem Kampf gegen das autoritäre System.
Die Regierung spürt den Verlust an Macht und Kontrolle und reagiert noch
brutaler und menschenverachtender. Über 300 Tote, vor allem junge Menschen,
sogar auch Kinder, hat die brutale Gewalt der Mullah-Regierung mit ihren
Handlangern schon gefordert. Seit einem Parlamentsbeschluss im Oktober droht
15.000 inhaftierten Iraner*innen die Todesstrafe. Allein im Jahr 2021 wurden
mindestens 275 Menschen im Iran hingerichtet. Darunter 50 Kurd*innen und 40
Belutsch*innen.
Menschen, die im Iran gegen das autoritäre System protestieren, riskieren ihr
Leben. Auch Menschen die hier oder anderswo im Exil den Protest unterstützen,
sind samt ihrer Familien in der Heimat vor staatlicher Verfolgung nicht sicher.
Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Dresden, erklären unsere Solidarität mit den
Iraner*innen, die gegen das menschenverachtende iranische Regime, für Freiheit,
Menschenrechte und Demokratie kämpfen. Wir schauen hin, wir bleiben laut. Wir
schweigen nicht zu Gewalt.
Wir unterstützen die iranische Revolution,
- indem wir berichten,
- indem wir denen Reichweite geben, die das Regime verstummen lassen will,
- indem wir den hier lebenden Iraner*innen Sicherheit und Perspektiven
geben, asylrechtliche Sorgen ernst nehmen und ihnen bei ihren Aktionen zur
Unterstützung der Revolution helfen, durch Bereitstellung von
Räumlichkeiten, Infrastruktur, Förderungen etc.,
- indem wir BÜNDNISGRÜNE Entscheidungsträger*innen auf Europa-, Bundes- und
Landesebene unaufhörlich an ihre Verantwortung erinnern und solidarisches
Handeln einfordern,
- indem wir uns für eine Ausweitung der finanziellen Unterstützung auf
kommunaler Ebene für Sozialarbeit, Migrant*innen-Organisationen sowie
Geflüchteten-Initiativen einsetzen,
- indem wir psycho-soziale Betreuungsangebote für Geflüchtete ausbauen und
niedrigschwellig zur Verfügung stellen.
Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Dresden, erkennen die Initiativen der letzten Tage
von Annalena Baerbock, der EU-Außenministerkonferenz, der Bundestagsfraktion an.
Die Sanktionen und die Befassung des UN-Menschenrechtsrats mit der Lage im Iran
sind wichtige Schritte.
Wir Dresdner GRÜNEN fordern die BÜNDNISGRÜNEN Europaparlaments- und
Bundestagsabgeordneten auf,
- sich klar und deutlich gegen die Gewaltherrschaft des Mullah-Regimes zu
positionieren und darin nicht nachzulassen,
- sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für wirkungsvolle
Sanktionen gegen alle einzusetzen, die für die Unterdrückung von und die
Gewalt gegen die für Freiheit und Menschenrechte demonstrierenden Menschen
im Iran verantwortlich sind und auch Sanktionen gegen deren Angehörige
ernsthaft zu prüfen,
- sich für das Einfrieren von auf Banken in der EU und speziell in
Deutschland befindlichen Vermögenswerten der Angehörigen und Unterstützer
des Mullah-Regimes einzusetzen,
- alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die von Folter, Gewalt und
Todesstrafe bedrohten inhaftierten Iraner*innen zu retten. EU und
Bundesregierung müssen auf eine umgehende und bedingungslose Freilassung
aller politischen Gefangenen und die Aufhebung der Gerichtsurteile
drängen. Als längerfristiges Ziel muss die weltweite Abschaffung der
Todesstrafe unablässig verfolgt werden,
- dafür Sorge zu tragen, dass sich alle an den Verbrechen beteiligten
Regierungsangehörigen und -mitläufer*innen so bald als möglich vor
Gerichten verantworten müssen. Hierfür sind u.a. NGOs, die Beweismaterial
über staatliche Gewalt und Willkür dokumentieren, finanziell zu
unterstützen
- die Angriffe Irans auf die Region Kurdistan - Irak klar zu verurteilen.
Wir fordern von BÜNDNISGRÜNEN Europaparlaments- und Bundestagsabgeordneten eine
deutliche, aktive Unterstützung der Revolution im Iran.
Wir fordern, dass
- schutzbedürftige Iraner*innen Schutz in der EU/in Deutschland erhalten
- bei Asylverfahren für Iraner*innen insbesondere die politische Verfolgung
aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und Identität sowie
der Konvertierung zu einer anderen Religion als Asylgründe anerkannt
werden.
- ein Abschiebestopp für Iranische Migrant*innen als bundesweite Reglung
ohne Befristung auf den 31.12.2022 verabschiedet wird.
Wir erwarten
- die Unterstützung bei der Etablierung sicherer und vertrauenswürdiger
Virtueller Privater Netzwerke (VPN).
- die Errichtung finanzieller Hilfsprogramme für alternative regimekritische
Medien und freie Journalisten*innen und Reporter*innen.
Wir fordern die finanzielle, infrastrukturelle und rechtliche Unterstützung, der
demokratischen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Iran.
Die sächsischen Landtagsabgeordneten sowie die sächsische Landesregierung
fordern wir auf,
- sich in der Innenministerkonferenz für o.g. Punkte (Schutzstatus,
Schutzquote, Abschiebestopp) einzusetzen,
- zu prüfen, inwieweit es noch aktive Geschäftsbeziehungen zwischen
sächsischen Unternehmen und dem Mullah-Regime gibt und auf deren
Einstellung aktiv hinzuwirken,
- die Arbeit der Flüchtlingssozialarbeit, Integrationsarbeit nachhaltig
angemessen finanziell abzusichern.
Die Stadtratsfraktion fordern wir auf, sich für
- eine nachhaltige, angemessene finanzielle Ausstattung der
Flüchtlingssozial- und Integrationsarbeit bei den aktuellen
Haushaltsverhandlungen
- die verstärkte Weiterarbeit an den Zielstellungen aus dem Beschluss
„Demokratisch Haltung zeigen, Integration gestalten, Zivilgesellschaft
stärken.”
- die Fortsetzung, Weiterentwicklung und Verstetigung des Modellvorhabens
„Engagement Stützpunkte für Migrantenvereine“
- die weitere interkulturelle Öffnung der Ausländerbehörde und der gesamten
städtischen Verwaltung
- eine Prüfung, ob Dresden perspektivisch Beziehungen zu einer Kommune (z.B.
eine Universitätsstadt) im Iran aufbauen kann
einzusetzen.
Jin – Jiyan - Azadî!
Zan – Zendegi – Azadi!
Woman – Life – Freedom!
Frauen – Leben – Freiheit!